Allgemeine Impfpflicht – zulässig oder nicht? Eine rechtliche Einordnung

Die aktuellen Zeiten sind geprägt von Misstrauen, Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust sowie von einer medialen Berichterstattung, dies sich dem Primat der Objektivität nicht weiter verpflichtet sieht.

Allen voran schreiten an dieser Stelle die öffentlich-rechtlichen Medien (ARD, ZDF, Deutschlandfunk). Dort fallen gerade die Kommentatoren im Anschluss an die ARD-Sendung „Tagesthemen“ negativ auf. Sie wollen die Zuschauer bewusst und indoktrinativ in eine Gesinnung und Haltung dirigieren. Ein solches Verhalten nennt sich Manipulation.

Das aktuelle zentrale Themen stellen die „Ungeimpften“ dar, die zum Impfen gebracht und damit gesellschaftlich stigmatisiert werden. Parallel dazu diskutiert die Politik die „allgemeine Impfpflicht“ und die Leitmedien erzählen die dazu nötigen Geschichten (narrative Struktur).

Doch wie verhält es sich mit der „allgemeinen Impfpflicht“? Ist diese juristisch so schlicht einführbar. Wie so oft fällt die Antwort klar aus: Nämlich mit einem klaren Jein! Warum?

Eine Einschränkung von Grundrechten muss geeignet, notwendig und angemessen sein, damit ein „legitimes Ziel“ erreicht wird. Mit diesem Ziel ist das Impfen eines Jeden gemeint, um die Corona-Erkrankungen einzudämmen. Erst dann ist eine solche Regelung gerechtfertigt und verfassungskonform (grundgesetzkonform).

Wie so oft im Leben stehen hier die Interessen des Individuums (des Einzelnen) denen des Kollektivs (der Gesamtgesellschaft, dem Staat) gegenüber. Verfassungsrechtlich kommt es hier auf die in erster Linie betroffenen Grundrechte an. Zuvorderst wird bei der Einführung einer „allgemeinen Impfpflicht“ das „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ in Artikel 2 des Grundgesetzes angesprochen.

Eine Impfung bedeutet immer einen Eingriff in die Unversehrtheit des Körpers. Bereits der Einstich mit der Nadel verletzt den menschlichen Körper. Die körperliche Unversehrtheit wird in dem Moment beeinträchtigt, indem der Impfstoff im menschlichen Organismus wirkt und eben dort eine Reaktion auslöst.

Aber aufgepasst: Das Argument, eine Impfung dient insgesamt einer positiven Wirkung und damit dem Erhalt der Gesundheit, ändert an dem Eingriff in die Unversehrtheit des Körpers zunächst einmal nichts. Beide Sachverhalte werden nicht gegeneinander aufgerechnet, eine Saldierung findet formell nicht statt. Die Frage steht weiterhin im Raum, ob die Verletzung des Körpers gerechtfertigt ist oder nicht?

Wie wird dieses entstandene Dilemma nun aufgelöst? In der Regel sucht der Jurist nach Präzedenzfällen bzw. –urteilen. Ein Blick ins Geschichtsbuch hilft. Diesem ist zu entnehmen, dass im deutschen Recht Impfpflichten die Ausnahme darstellen. In der Folge findet der Jurist kaum Gerichtsurteile, die ihn in dieser Frage weiterbringen.

Der Bundesgerichtshof weist an der Stelle drei Entscheidungen aus:

  1. Die Impfung gegen Pocken stellt einen verhältnismäßig geringen körperlichen Eingriff dar. Der Impfzwang war damals zumutbar. Es existierten kaum schwerwiegende Nebenwirkungen. Daneben bestand die Gefahr, dass sich das Virus auf Gesamtdeutschland hätte ausweiten können. Nachzulesen in Bundesgerichtshof, Gutachten vom 25.01.1952, Az. VRG 5/51.
  2. Jemand wollte seine Tochter zu einer Impfung zwingen. Hier stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass eine Impfpflicht zur Bekämpfung einer Pandemie „nicht unangemessen“ sei. Damit stellt sich die Impfpflicht als verfassungskonform heraus. Nachzulesen in Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 14.07.1959, Az. I C 170/56.
  3. Jemand wollte gegen die neu eingeführte Masernimpfpflicht in Einrichtungen der Kinderbetreuung vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Das Gericht konnte in diesem Fall keine eindeutige Klärung herbeiführen, weil das Hauptverfahren noch nicht abgeschlossen war. Es erkannte jedoch, dass kein schwerwiegender Nachteil entsteht, wenn die Eltern sich um eine andere Form der Kinderbetreuung bemühen. Nachzulesen in Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 11.05.2020, Az. 1 BvR 469/20, 1 BvR 470/20.

Aus diesen drei Entscheidungen ist abzuleiten, dass bisher keiner gegen eine gesetzliche Impfpflicht geklagt hat. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich eine rechtliche „Folgenabwägung“ in den Einzelfällen getroffen. Im Ergebnis steht die verfassungsrechtliche Beantwortung der Frage, ob eine Impfpflicht verfassungskonform ist oder nicht noch aus.

Wie kann diese Klärung herbeigeführt werden?

Nur derjenige, der bereits direkt Betroffener einer Impfpflicht ist, kann gegen diese klagen. Demnach kann bei einer „allgemeinen Impfpflicht“ tatsächlich jeder klagen. Darüber hinaus kommt es darauf, wie die „allgemeine Impfpflicht“ geregelt ist. Hat sich der Staat für eine bundeseinheitliche Regelung oder eine länderspezifische Regelung entschieden?

Bei einer bundesgesetzlichen Regelung bleibt der Weg der Verfassungsbeschwerde über das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Bei einer landesgesetzlichen Regelung ist das jeweilige Landesverfassungsgericht (so vorhanden) zuständig. Ein Verwaltungsgericht ist dann anzurufen, wenn die Impfpflicht über „Landesverordnungen“ bestimmt ist. Dies kann der Fall sein, wenn die Pflicht auf der Grundlage des „Infektionsschutzgesetzes“ des Bundes formuliert wurde. Ebenso ist der Verwaltungsrechtsweg einzuschlagen, wenn sich die Impfpflicht aus der Zugehörigkeit zu einer Berufsgruppe ergibt.

Das Ergebnis der Normkontrolle in Bezug auf die „allgemeine Impfpflicht“ kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorweggenommen werden. Hier gilt das bekannte Motto: „Auf hoher See und bei Gericht ist man lediglich Gott unterworfen!“. Maßgeblich wird die Ausgestaltung der „allgemeinen Impfpflicht“ für das jeweils zuständige Gericht sein. Erst dann ist eine Abwägung zwischen dem Impfzwang auf der einen Seite und der Bekämpfung der Corona-Pandemie auf der anderen Seite juristisch möglich.

Ein Hinweis sei noch gegeben: Entscheidungen der Gerichte aus den Bundesländern vielen bisher grundrechtsfreundlicher gegenüber den Urteilen des Bundesverfassungsgerichtes aus. Eine Klage ist jedoch erst möglich, wenn die „allgemeine Impfpflicht“ in Kraft getreten ist – eine vorauseilende Entscheidung auf Grund politischer Diskussionen ist juristisch nicht möglich.


Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, unterstützen Sie bitte das Projekt BLAULICHTBLOG mit einer Spende. Per paypal (Kreditkarte) oder mit einer Überweisung auf
DE60 2905 0101 0082 9837 19 (BIC: SBREDE22XXX), Empfänger: BREPRESS UG,
Verw.-Zweck: Spende Blaulichtblog. Vielen Dank!

Kommentar hinterlassen zu "Allgemeine Impfpflicht – zulässig oder nicht? Eine rechtliche Einordnung"

Hinterlasse einen Kommentar