Deutschland und seine Medien, gerade die öffentlich-rechtlichen Exemplare, stehen im Jahr 2021 sehr in der Kritik. Die Frage, was macht einen Qualitätsjournalisten aus bzw. handelt es sich in Deutschland überwiegend um eine obrigkeitshörige und damit staatsorientierte, der herrschenden politischen Klasse verpflichtenden Journalismus? Geht es etwa nur bei den Printmedien darum, Werbeanzeigen des Bundespresseamtes zu platzieren, um sicher finanzielle Einnahmen zu generieren? Gilt das Motto: „Wer kritisch hinterfragt und nicht der Regierungsdoktrin folgt, der fliegt raus!“? Ein Beispiel hierfür liefert der Berliner Journalist Boris Reitschuster.
Der in Berlin ansässige eingetragene Verein „Bundespressekonferenz“ (BPK) versteht sich als Organisation von ca. 900 Parlamentskorrespondenten. Mitglied kann nur derjenige werden, der hauptberuflich für deutsche Medien aus Bonn oder Berlin über die deutsche Bundespolitik berichtet. Der Vereinszweck dient der Veranstaltung von Pressekonferenzen mit maßgeblichen Personen aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Darüber hinaus organisiert die BPK den alljährlichen Bundespresseball in der Bundeshauptstadt. Bis vor Kurzem war auch Boris Reitschuster Mitglied der BPK.
Reitschuster leitete von 1999 bis 2015 das Moskauer Büro des Magazins „Focus“. Laut Eigeninformation fühlt er sich einem kritischen Journalismus. Ohne ,Haltung’, ohne Belehrung und ohne Ideologie verpflichtet. Dabei blickt er hinter die Kulissen der Macht und bringt tiefgehende Fragen hervor, die die Pressesprecher der Bundesministerien und den Regierungssprecher regelmäßig „genervt“ in der BPK zurücklässt. Freunde hat er sich weder in den Ministerien oder dem Bundespresseamt sowie bei einem größeren Teil der Journalistenkollegen in der BPK erworben.
Der aktuelle Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen Journalist Reitschuster und der BPK: Der Mitgliedsausschuss der BPK stellte einstimmig fest, dass Boris Reitschuster die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft nicht weiter erfüllt. Sein Medium „reitschuster.de“ sei nicht in Deutschland ansässig, sondern in Montenegro. Damit verstößt Reitschuster mutmaßlich gegen die Satzung der BPK.
In einer ersten Reaktion äußerte Reitschuster via Twitter „Beginnt jetzt die ´Säuberung´?“. Ferner führte er seine Sicht auf seiner Homepage aus. Es sei nicht vorgeschrieben, dass ein Medium seinen Sitz in Deutschland haben müsse. Boris Reitschuster im Zitat: „Aber das wäre auch irrelevant, da ich selbst mein Medium bin und als freier Journalist und deutscher Parlamentskorrespondent meine eigene Seite betreibe […].“
Unterstützung erfährt Journalist Reitschuster von den Mitgliedern der BPK nicht. Diese beklagen unisono eine Instrumentalisierung der Vereinigung und ihrer Pressekonferenzen. Diese würden zunehmend für Propaganda und Verschwörungstheorien missbraucht. Angesprochen mit dieser Kritik ist auch Reitschuster, schließlich „polemisiert“ er regelmäßig gegen die politischen Maßnahmen in der Corona-Pandemie der Bundesregierung.
Interessant bleibt die weitere Entwicklung zu verfolgen. Nunmehr wird das Verhältnis zwischen der Bundespressekoferenz und Boris Reitschuster juristisch geklärt. Während sich die BPK auf das Vereinsrecht und damit auf die Satzungslage bezieht, rekurriert Reitschuster darauf, dass sein journalistisches Medium nie ein Unternehmen gewesen sei und folglich dieses auch keinen Firmensitz habe.
Der Streit geht in die nächste Runde. Reitschusters Rechtsanwalt erhob Einspruch gegen den Beschluss des Mitgliederausschusses. Jetzt ist der Vorstand der Bundespressekonferenz gefordert, er muss darüber befinden, ob der Ausschluss bestehen bleibt oder nicht. Die BPK könnte dem Eindruck entgegentreten, sie würde nur „systemkonforme“ Berichterstatter in ihren Reihen dulden.
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