In Deutschland zeigt sich ein offenkundiges Problem mit dem Scheitern. Das gilt sowohl persönlich und gesellschaftlich als auch bei dringend nötigen Start-ups. Gescheiterte Gründer und Unternehmer werden häufig stigmatisiert. Scheitern ist ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Von dieser Situation Betroffene werden damit konfrontiert, dass unsere Gesellschaft sehr erfolgsorientiert betrachtet wird.
Die deutsche Gesellschaft hat es verlernt, mit Misserfolgen umzugehen. Viele Menschen fallen nach einem Moment des Scheiterns in ein Loch und wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Als pervers fällt auf, dass als solche gebrandmarkte Gescheiterte oftmals mit Häme und Schadenfreude begegnet wird.
An einem konkreten Beispiel lässt sich diese gesellschaftliche Wahrnehmung praktisch nachvollziehen. Am 12. November 2019 kündigte Elon Musk den Bau einer „Tesla Gigafactory Berlin-Brandenburg“ in Grünheide in der Nähe des Flughafens BER an. Die Lage des Plangebietes nördlich des Güterverkehrszentrums Berlin Ost/Freienbrink verschafft Tesla aufgrund seiner Verkehrsanbindung und des vorhandenen Flächenpotenzials gute Standortbedingungen. Das Vorhandensein eines passenden rechtsverbindlichen Bebauungsplans ermöglicht einen Zeitvorteil in der Projektorganisation.
Diesen Erfolg hat sich die brandenburgische Landesregierung unter Federführung des dortigen Wirtschaftsministers Jörg Steinbach auf die Fahne zu schreiben. Ein wirtschaftspolitischer Erfolg, der seinesgleichen sucht, wenn zur Kenntnis genommen wird, dass es sich bei der Standortwahl um eine weltweite Ausschreibung handelte.
Die auch als „Giga Berlin“ titulierte Großfabrik des Automobilherstellers Tesla rechnet mit Errichtungskosten von 1,065 Milliarden Euro. Ab Juli 2021 sollen von bis zu 12.000 Beschäftigten im Dreischichtbetrieb in der ersten Ausbaustufe etwa 500.000 Fahrzeuge pro Jahr produziert werden, soweit zu den ehrgeizigen Projektdaten.
Seit Bekanntwerden des Tesla-Baus finden sich interessierte Kreise zusammen, um dem Projekt „Steine in den Weg zu legen“. Zu diesen Kreisen zählen Anwohner, Brandenburgische Landesverbände des NABU und Grüne Liga sowie sonstige Protestierer. Diese werden umfassend von diversen Vertretern der Leitmedien unterstützt. Diese vollführen parallel eine subjektive Berichterstattung, die ein Scheitern des Projektes „Giga Berlin“ zu Folge haben soll.
Augenblicklich kann festgestellt werden, dass das Ziel des Scheiterns in weite Ferne gerückt ist. Sämtlich konnte Tesla juristisch initiierte Verfahren gewinnen. Beobachtbar ist die häufig in keiner Weise erfolgte objektive Berichterstattung. Das journalistische Handwerk wird diskreditiert. In diesem Kontext lässt sich die Entscheidung der Tesla-Führung völlig nachvollziehen, keine Pressekonferenzen abzuhalten bzw. Presseerklärungen zu publizieren.
Zur Ehrlichkeit gehört es darauf hinzuweisen, dass die Macher um Elon Musk bereits vor der Zusage des Baustarts für einen ökologischen Ausgleich sorgten. Sie spendeten die Pflanzung von einer Million Bäumen. Dies entspricht etwa der vierfachen Anzahl der vermutlich zu fällenden Kiefern im Baugebiet. Darüber hinaus eröffnete Tesla ein Bürgerbüro, das als Forum zum unmittelbaren Austausch zwischen dem Unternehmen und Interessierten dient.
Kritiker des Tesla-Projektes fokussieren das Baurecht. Das von Tesla erworbene Bauland liegt innerhalb des Geltungsbereichs eines qualifizierten Bebauungsplanes. Ursprünglich wurde dieses Bauland für die Ansiedelung einer Produktionsstätte der BMW AG vorgesehen. Ende November 2020 erfolgte eine weitere Genehmigung für die Rodung von insgesamt 82,8 Hektar Wald. Für den Großteil der Fläche konnten die protestierenden Naturschutzverbände die Reptilienlebensräume nicht darlegen. Das Ziel und damit das Ansinnen sozialökologisch motivierter sozialromantischer Kritisierer, Tesla zu verhindern, ist auf ganzer Linie nicht erreicht worden. Anfang Dezember 2020 erhielt Tesla eine weitere Vorabgenehmigung für die Montage der Lackieranlage in dem entstehenden Werk.
Das von Beginn an von zahlreichen Interessierten erhoffte, geplante und damit gewünschte Scheitern des Großprojektes „Giga Berlin“ reüssierte nicht. Es bleibt stark zu hoffen, dass es der deutschen Gesellschaft gelingt, eine Kultur des Scheiterns zu etablieren. In diesem Gelingen liegt die Chance, Deutschland mehr noch zu einem Land für Existenzgründer und der Innovationen zu entwickeln. Deutschland ist und bleibt das Land der Dichter und Denker, ein Land, dessen Ressource die Bildung und die Menschen sind. Blicken wir progressiv und mutig in die Zukunft.
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