Die Bemühungen um einen Friedensschluss zwischen der Ukraine und Russland stagnieren. Mitschuld sind daran sind auch diejenigen westlichen Länder, die der Logik des sich immer weiter verselbstständigten Konfliktes folgen. Vom Verhandlungstisch spricht so gut wie niemand mehr. An der militärischen Lage hat sich jedoch nichts Wesentliches geändert: Ein militärischer Sieg im Ukraine-Krieg ist sowohl für Russland als auch für die Ukraine nicht in greifbarer Entfernung, zumindest nicht nach den jeweils gesetzten Zielen. Die Ukraine hofft auf eine immer stärkere und direktere Einmischung des Westens. Je stärker sich aber der Westen einmischt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Putin einfach seine Truppen abzieht. Genau das ist die Verselbstständigung dieses Konfliktes.
Es liegt also eigentlich auf der Hand, dass man sich in der Ukraine-Politik verrannt hat und sie nicht dazu geeignet ist, den Krieg zu beenden. Wenn man sich das eingesteht, könnte man gemeinsam nach Lösungen suchen. Oder aber, man bewegt sich weiter auf dem starren Weg, den man einmal eingeschlagen hat. Das kann die deutsche Politik bekanntermaßen sehr gut.
Die Folgen des Ukraine-Kriegs haben uns längst vollständig erfasst. Eine Inflationsrate von fast acht Prozent bedeutet einen schmerzhaften Einschnitt, der immer mehr Menschen an der Kasse deutlich wird. Für viele geht es an die Substanz. Diese Woche stand in Zeitungen, dass bereits jeder sechste Deutsche wegen der Inflation Mahlzeiten ausfallen ließ. Eine Information, die, wenn sie aus Russland gekommen wäre, als Erfolgsmeldung für die westliche Sanktionspolitik gefeiert worden wäre. In Deutschland wird sie von politisch Verantwortlichen achselzuckend weggelächelt. Maßnahmen wie der Tankrabatt oder das Neun-Euro-Ticket sollen die Erkenntnis betäuben, dass der Benzinpreis für viele Menschen kaum noch zu stemmen ist. Am Ende wachsen aber die Milliarden für solche Maßnahmen nicht an den Bäumen. Man lebt auch hier von der Substanz.
Die Energiekostenexplosion ist da und wird nahezu täglich thematisiert. Den neuesten Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will ich Ihnen dazu nicht vorenthalten: Wir alle werden aufgefordert, an unserem Verhalten zu arbeiten. Regelmäßiges langes und vielleicht sogar warmes oder heißes Duschen? Machen Sie sich auf eine Standpauke gefasst, denn der grüne Wirtschaftsminister erwartet von Ihnen Energiespardisziplin. Ich zitiere: „Für angenehm warmes Duschwasser muss der Warmwasser-Aufbereiter viel Energie aufwenden. Reduzieren wir unsere Duschzeit auf höchstens fünf Minuten und senken die Wassertemperatur etwas, sparen wir nicht nur Warmwasser, sondern auch Energie. Das tut nicht nur der Umwelt, sondern auch unserer Haut gut, wie Hautärztinnen und Hautärzte empfehlen.“
Die Grünen gehen nun darin auf, das zu tun, was sie am besten können: Sie sagen den Menschen, wie sie sich zu verhalten haben. Politiker als Erzieher, Verzeihung, ich meine natürlich als „Erzieherinnen und Erzieher“ oder „Erzieher*innen“. Die Botschaft lautet: Duschen Sie kurz und duschen Sie kalt (oder duschen Sie am besten gar nicht mehr). Damit uns die Folgen des nicht enden wollenden Ukraine-Kriegs nicht selber in die Knie zwingen, sollen Opfer gebracht werden. Nicht nur an der Kasse und an der Tanksäule, sondern auch unter der Dusche. Um von dieser „kalten Realität“ abzulenken (Wortspiel), verweist Umweltminister Habeck einfach auf die Umwelt und die Gesundheit unserer Haut. Gnädigsten Dank für diese Fürsorge, Herr Habeck.
Natürlich könnte man anders an die Probleme herangehen. Man könnte beispielsweise die sechs deutschen Atomkraftwerke erst einmal weiterlaufen lassen und damit etwas Energiesicherheit garantieren. Dazu aber müssten die grünen Ideologen in einen Konflikt mit ihrer Stammklientel gehen und Eingeständnisse zur gescheiterten Energie-Wende machen. Der Atomkraft-Nein-Danke-Aufkleber der eigenen Wähler und die angebetete Energiewende sind Habeck nur leider zu wichtig, um sie für die Energiesicherheit aller Deutschen in Frage zu stellen.
So ist es nun einmal, wenn man von Politikern regiert wird, die es als ihre Hauptaufgabe verstehen, anderen ihre Moralvorstellung aufzuzwingen. Die Folgen ihrer Politik kriegen andere zu spüren. Zum Beispiel Sie. Eine Sache wurde dabei aber nicht bedacht: Nach einer kalten Dusche kommen vielen klare Gedanken. Das ist der größte Feind der grünen Politik.
Ein Gastbeitrag von Dana Guth. Sie ist Abgeordnete des Niedersächsischen Landtags.
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