Mitglieder der rechtskonservativen österreichischen FPÖ müssen in diesen Tagen viel aushalten: Die Presse überschlägt sich mit Negativschlagzeilen über die Ex-Partei von Heinz-Christian Strache. Dabei ist die FPÖ seit der Ibiza-Affäre eigentlich Kummer gewohnt. Aber der Reihe nach:
Im Herbst 2021 durchsucht die Staatsanwaltschaft die Räumlichkeiten des FPÖ-Funktionärs Hans-Jörg Jenewein. Er gilt als Vertrauter des Parteichefs Herbert Kickl (Foto). Die Ermittler vermuten enge Kontakte Jeneweins zu einem mutmaßlich korrupten Beamten des Verfassungsschutzes. Auf dem Handy des Politikers finden die Fahnder den Entwurf einer anonymen Anzeige, die kurz zuvor erstattet wurde. Offenbar hatte der FPÖ-Funktionär einen möglichen millionenschweren Missbrauch von Fördermitteln zu Gunsten einiger parteinaher Vereine aufgedeckt und an die Strafverfolgungsbehörden gemeldet. Als Drahtzieher der illegalen Handlungen wurden offenbar der ehemalige FPÖ-Chef HC Strache, der frühere Fraktionschef Johann Gudenus sowie der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp namentlich benannt.
Dass es zu dieser anonymen Anzeige kam, wurde erst in der vergangenen Woche öffentlich. Und seitdem überschlagen sich die Ereignisse: Am vergangenen Donnerstag gibt Jenewein seinen Austritt aus der FPÖ bekannt und entfernt seine gesamten Profile in den sozialen Medien. Am Sonntag wird der Ex-Politiker nach einem missglückten Suizidversuch ins Krankenhaus eingeliefert. Er soll mittlerweile außer Lebensgefahr sein.
Jenewein galt in der Partei als rechte Hand von Herbert Kickl. Er war der „Ausputzer“ der Partei, der Mann für die schwierigen Fälle. Daher wird nun öffentlich darüber spekuliert, ob Parteichef Kickl von der anonymen Anzeige wusste, um parteiinterne Gegner aus dem Weg zu räumen. Schließlich, so die Vermutung, würde Jenewein nichts ohne die Genehmigung Kickls unternehmen. Das würde auch in das derzeitige Bild der FPÖ passen. Denn Kickl liegt unter anderem im Streit mit dem Wiener Parteivorsitzenden Dominik Nepp, der als Beschuldigter in der Anzeige genannt wird. Daher würden die Ermittlungen dem FPÖ-Chef in die Karten spielen. Kickl bestreitet hingegen die Vorwürfe.
Auch der frühere FPÖ-Chef Strache, der offenbar ebenfalls in der Strafanzeige genannt wird, hatte sich via Facebook zu Wort gemeldet und Jenewein “baldige Genesung” gewünscht. Dann aber folgt der entscheidende Satz: “Niemand sollte mit einem Suizid aus dem Leben scheiden und davonlaufen, sondern sich den behördlichen Anwürfen stellen und diese helfen, restlos aufzuklären!” Dieses Posting hat nun für öffentliche Empörung gesorgt. Das Posting sei “grindig”, “widerwertig” und “pietätlos”, hieß es im Internet.
Für FPÖ-Parteichef Kickl dürften die nächsten Tage und Wochen ungemütlich werden. Denn die innerparteilichen Kritiker formieren sich. Der Parteichef solle die Vorwürfe restlos aufklären, so die Forderung aus den Landesgruppen. Auch soll es bereits erste Rücktrittsforderungen geben. Die FPÖ reagiert: Den für Mitte September angesetzten Parteitag will man verschieben – dort sollte Kickl wiedergewählt werden.
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