Am 19. Februar 2020 erschoss in Hanau ein unter paranoider Schizophrenie leidender Mann zehn Menschen, darunter seine eigene Mutter. Anschließend tötete er sich selbst.
Im Nachgang dieser Bluttat wurde bekannt, dass der Name des Täters 15 mal in staatsanwaltlichen bzw. polizeilichen Ermittlungsakten auftaucht, fünfmal davon als Verdächtiger. Selbst beim Generalbundesanwalt erstattete der spätere Attentäter Anzeige gegen eine unbekannte geheimdienstliche Organisation, begründet mit einem 19-seitigen, wirren Anschreiben.
Einige dieser 15 Fälle liegen nach 2013. Das ist dahingehend bemerkenswert, als dass damals mit großem Tamtam und für viel Geld das “Nationale Waffenregister” (NWR) an den Start ging. Dieses Nationale Waffenregister sollte u. a. die Ermittlungsarbeit der Polizei erheblich vereinfachen, da berechtigte Behörden nun über eine zentrale Stelle “auf Knopfdruck” erfahren können, wer in Deutschland welche erlaubnispflichtigen Schusswaffen besitzt. Zumindest wenn es um legale, registrierte Schusswaffen geht.
Es wäre demnach für eine Generalbundesanwaltschaft oder auch für die 2018 in München wegen Drogenschmuggels und Brandstiftung gegen den späteren Massenmörder ermittelnde Staatsanwaltschaft mittels Datenbankabfrage problemlos möglich gewesen, von seiner waffenrechtlichen Erlaubnis Kenntnis zu gelangen. Der zuständigen Erlaubnisbehörde hätten sich wohl mehr als genügend Gründe geboten, die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung von R. anzuzweifeln und die erteilte waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen. Doch nichts dergleichen geschah. Niemand kam auf die Idee, einen auffälligen Menschen darauf hin zu überprüfen, ob er vielleicht Schusswaffen besitzt. Niemand nutzte das Instrument des NWR, mit dem vielleicht tatsächlich ein Massenmord hätte verhindert werden können. Der Rest ist bekannt, durch dieses Behördenversagen starben zehn unschuldige Menschen.
Diese traurigen Geschichte könnte hier zu Ende sein. Wenn, ja wenn nicht ein Sündenbock gefunden werden müsste, auf den man dieses Behördenversagen abwälzen kann. Die Rolle dieses Sündenbocks soll, wieder einmal, den deutschen Sportschützen zuteil werden. Christian Kühn, 1. Landesschützenmeister des Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB), mit weit über 400.000 Mitgliedern größter Teilverband des Deutschen Schützenbundes, wird auf der Facebook-Präsenz des BSSB wie folgt zitiert:
Ein derzeit kursierender Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums sieht nochmalige Verschärfungen des ohnehin sehr restriktiven, deutschen Waffenrechts vor. Nachdem der Attentäter von Hanau vor seiner schrecklichen Tat an die Behörden herantrat und trotzdem im Vorfeld unentdeckt blieb, übt man sich im Bundesinnenministerium nun in Aktionismus: Die Eignung von uns Sportschützinnen und Sportschützen zum Waffenbesitz soll zukünftig obligatorisch und verpflichtend unter zwingender Einbindung der Gesundheitsämter überprüft werden. Dies ist aus Sicht des BSSB völlig inakzeptabel. Denn die hier vorgesehene Abfrage psychischer Erkrankungen hebelt die ärztliche Schweigepflicht aus und ebnet den Weg hin zu verpflichtenden Psycho-Checks. Dies ist ein eklatanter Eingriff in unser grundrechtsgeschütztes Persönlichkeitsrecht, zudem auf der falschen Grundlage eines vollkommen unbegründeten Generalverdachts gegenüber allen legalen Waffenbesitzern.
https://m.facebook.com/bssbev/posts/3589859471143672
Für die Unfähigkeit der Behörden, einen einzelnen, regelrecht um Aufmerksamkeit bettelnden psychisch Kranken mal kurz über das NWR auf vorliegende waffenrechtliche Erlaubnisse zu checken, sollen nun eine Million Erlaubnisinhaber büßen. Weil sich der Staat unfähig sah, einen einzigen, konkreten Verdachtsfall zu verfolgen, sollen eine Million unbescholtene Bürger erneut unter Generalverdacht gestellt werden und sich nun auch noch regelmäßigen Kontrollen hinsichtlich ihres Geisteszustandes zu unterziehen. Wieder wird Verantwortung abgewälzt, dieses Mal auf die Ärzte, die entsprechende Gutachten erstellen müssen. Wieder setzt man auf Aktionismus, weil man meint, dem eigenen Volk gegenüber nicht eingestehen zu können, dass man es nicht vor allen Lebensrisiken bewahren kann.
Angesichts des grandiosen Versagens der Regierungen in Bund und Ländern, nicht nur in der aktuellen Pandemielage, sollte man sich vielleicht eher fragen, ob man nicht die dafür Verantwortlichen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, persönlichen Eignung, Sachkunde, Verfassungstreue und dann auch bezüglich ihrer geistigen Gesundheit überprüft.
Wenn diese strengen Anforderungen schon für Menschen gelten, die nichts weiter als eine Feuerwaffe legal besitzen wollen, dann sollte das für Minister und ihre Spitzenbeamte, deren Entscheidungen sich mitunter über Existenzen ganzer Berufsgruppen auswirken, allemal gelten.
Aber das wird natürlich nicht geschehen. Es bleibt alles beim Alten, business as usual. Behörden werden weiter versagen, die Bürger sollen weiter dafür büßen.
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