Bei den schottischen Parlamentswahlen am Samstag hat die Pro-Unabhängigkeitspartei SNP einen eindrucksvollen Sieg errungen. Zwar wurde die absolute Mehrheit nur knapp um einen Sitz verfehlt. Dafür kommt die derzeitige Regierungspartei gemeinsam mit den Grünen, die ebenfalls ein weiteres Referendum über die Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien fordern, nun auf eine satte Mehrheit von 72 Sitzen. Zur absoluten Mehrheit hätten 65 Sitze ausgereicht.
Getragen von diesem Wahlergebnis machte die Parteivorsitzende und schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon schon kurz nach der Wahl deutlich, welchen Kurs die einschlagen wird: Niemand, auch nicht der britische Premierminister Boris Johnson, habe das Recht, den Schotten nach diesem Ergebnis ein zweites Unabhängigkeitsreferendum vorzuenthalten, sagte sie. Bereits im Wahlkampf hatte sie angekündigt, mit der eigenen Mehrheit ein Referendumsgesetz im schottischen Parlament auf den Weg zu bringen. Damit verbunden wäre auch die Frage, ob Schottland in die Europäische Union zurückkehrt – ohne die anderen Landesteile des Vereinigten Königreichs. In London ist man angesichts dieses forschen Auftretens verschnupft. Aus der Downing Street hieß es am Sonntag wortkarg, dass ein zweites Unabhängigkeitsreferendum „kein Thema im Moment“ sei.
Keinen Abgeordneten stellt hingegen die neue SNP-Abspaltung „Alba“, die von Alex Salmond angeführt wird. Salmond war der Vorgänger Sturgeons in der SNP. Er äußerte sich nach der Wahlniederlage am Wochenende unschlüssig, ob er auch weiterhin Verantwortung in der „Alba“ übernehmen wird.