In Erinnerung geblieben ist der bundesweite „Warntag“. Am 10. September 2020 wurde ein deutschlandweiter Probealarm für Gefahrenlagen wie etwa Unwetter oder Anschläge geprobt.
Bekanntlich ging an diesem Tag vieles schief. Das Bundesinnenministerium zeigte sich seinerzeit überaus selbstkritisch. Es bezeichnete den „landesweiten Warntag“ als „fehlgeschlagen“. In der Folge sollen die Vorgänge laut Ministerium umfassend aufgearbeitet werden.
Zuständig für den „Warntag“, aber auch für den Schutz der deutschen Bevölkerung ist das dem Bundesinnenministerium unterstehenden „Bundesamt für Bevölkerungsschutz im Verteidigungsfall und Katastrophenhilfe“ (BBK). Dieses hat den gesetzlichen Auftrag, die Bevölkerung im Verteidigungsfall zu schützen. Darüber hinaus kümmert es sich um alle denkbaren nationalen Großschadensereignisse, von Naturkatastrophen über den Ausfall kritischer Infrastrukturen bis hin zu technischen Havarien oder Terror-Anschlägen. Seit 2015 führte das BBK die Katastrophen-Warn-App „NINA“ ein. In einem Katastrophenfall soll diese schnell die Menschen in den betroffenen Gebieten warnen.
Die für viele Menschen überraschende Unwetterkatastrophe mit mehr als 100 Toten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und den durch die Flutwellen verursachten dramatischen Schäden haben viele Menschen in Existenznot gebracht. Vor diesem Hintergrund kritisiert die Hydrologin und Professorin an der britischen Universität Reading Hannah Cloke im Magazin „Politico“ den deutschen Katastrophenschutz.
„Die hohen Todeszahlen sind ein erhebliches Versagen des Systems“, so Professorin Cloke. Reading weiter: „Ich hätte erwartet, dass Menschen evakuiert werden – und nicht, dass im Jahr 2021 so viele Menschen in einer Flut sterben“. Das Europäische Hochwasserwarnsystem (EFAS) warnte vor einer „extremen Kategorie einer Flut“. Diese bedeutet Lebensgefahr für die Menschen.
Aus einer solchen EFAS-Warnung folgt nicht automatisch eine Evakuierung, dies obliegt den deutschen Behörden – soweit die Rechtslage. Laut Professorin Cloke richtet man sich normalerweise auf die Evakuierung ein. Das ist das normal funktionierende Risikomanagement im Katastrophenfall.
Praktisch fanden Vorwarnungen, Sirenen und Lautsprecherdurchsagen oft gar nicht oder verspätet statt. Aus dem Regelfall wurde der Einzelfall. Laut Fachleuten und Experten hat sich ein deutliches Versagen des Katastrophensystems in Deutschland in diesen Tagen ereignet.
Ein neuer „Warntag“, um das System zu erproben, sollte im September 2021 stattfinden. Dieser wurde nun auf September 2022 verschoben. Deutschland offenbart sich als „Digitale und technologische Lame-Duck“.
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