WerteUnion vor Richtungsentscheidung

Foto-Quelle: Screenshot Homepage WerteUnion

Mit seiner unerwarteten Absage an eine weitere Amtszeit hinterlässt der Bundesvorsitzende der WerteUnion, Alexander Mitsch, ein Machtvakuum in der noch jungen konservativen Basis der Unionsparteien. Aus objektiver Sicht erscheint sein Rücktritt zum jetzigen Zeitpunkt denkbar ungünstig, litt die WerteUnion doch in den vergangenen Monaten unter internen Richtungskämpfen und Austritten wichtiger Funktionsträger (Blaulichtblog berichtete), bei denen auch Kritik am Vorsitzenden geübt worden war. Als besonders kritisch erweist sich nun, dass Mitsch es in seiner vierjährigen Amtszeit versäumt hat, einen Nachfolger aufzubauen. Und so wirkt der angekündigte Rücktritt mehr wie eine Flucht denn wie ein Koordinierter Rückzug.

Die Wahl des neuen Bundesvorstands wird nach derzeitiger Planung am 29. Mai 2021 in Fulda stattfinden ­– als Präsenzveranstaltung, sofern Corona es zulässt. Bisher wurden zwei Kandidaten für den Vorsitz bekannt. Da ist zum einen die 38jährige Betriebsprüferin Juliane Ried aus der bayrischen Oberpfalz, Mutter von vier Kindern und langjähriges CSU-Mitglied; sowie zum anderen der Berliner WerteUnion-Landeschef Bernd Pfeiffer, Steuerberater, Familienvater und CDU-Mitglied. Beide Kandidaten gelten auf der politischen Bühne als weitgehend unbekannt. Das kann in dieser Konstellation durchaus von Vorteil sein, allerdings bedeutet es auch, dass keiner der Kandidaten über Ämter verfügt oder Vorstandsposten bekleidet, die über die Kreisebene hinausgehen. Ihr Einfluss ist somit vorerst gering. Beide Kandidaten stehen mit Blick auf die Mutterpartei für einen kritischen, aber kooperativen Kurs. Damit verfolgen Sie weiterhin den Anspruch, Stachel im Fleisch der Union zu sein, erteilen aber jeglicher Abspaltungsbestrebung wie auch einer Zusammenarbeit mit der AfD eine klare Absage. Sowohl Ried als auch Pfeiffer verfügen über die notwendigen intellektuellen Fähigkeiten zur Führung eines politischen Verbandes. Pfeiffer hat als Berliner den Vorteil der kurzen Wege, Ried hat als Nicht-Berlinerin den Vorteil, dass sie weniger im Fokus gewalttätiger Linksextremisten stehen würde und als CSU-Mitglied in der bayrischen Provinz auf eine konservative Basis trifft – anders als in der Großstadt-CDU Berlins.

Wie Blaulicht-Blog aus WerteUnion-Kreisen erfuhr, hat allerdings mit dem Finanzexperten Max Otte noch ein weiteres WerteUnion-Mitglied Interesse an einer Kandidatur bekundet. Dies ist als durchaus pikant zu bewerten, hatte die WerteUnion doch noch im Juni 2019 den Ausschluss Ottes aus der CDU gefordert, nachdem dieser von einer „Hetze“ gegen die „rechte Szene“ nach dem Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke gesprochen hatte. Sollte die Kandidatur des in Plettenberg geborenen Deutsch-Amerikaners Erfolg haben, würden die Chancen eine Einbindung der WerteUnion in die Mutterparteien langfristig gegen Null sinken, denn Otte war trotz seiner CDU-Mitgliedschaft von Juni 2018 an Vorsitzender des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES). Erst im Februar 2020 trennte er sich, allerdings nicht, um Distanz zu radikalen Strömungen in der AfD zu schaffen. Stattdessen hatte Otte innerhalb der Stiftung wiederholt für Unmut gesorgt, weil er sich für Vertreter des, mittlerweile aufgelösten, rechtsgerichteten „Flügels“ der AfD ausgesprochen und Parteichef Meuthen für seinen bürgerlichen Kurs kritisiert hatte. Der 57jährige Otte ist zudem bekannt für eine dramatisierende Wortwahl, vergleicht die Bundesrepublik gern mit einer Diktatur, spricht vom „Great Reset“ und trat mehrfach als Redner auf Querdenker-Demonstrationen auf. Sollte Otte gewählt werden, ist wahrscheinlich, dass die CDU mittelfristig ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn anstreben wird und dass Otte im Gegenzug die Abspaltung der WerteUnion von den Unionsparteien verfolgt.

Auch weitere Kandidaturen wären denkbar. Im Falle eines Rückzugs von Max Otte, wäre vor allem an eine Kandidatur des bisherigen WerteUnion-Pressesprechers, Felix Schönherr, zu denken. Der 33jährige Kommunikationsberater aus Augsburg hatte offen für eine Abspaltung von den Unionsparteien plädiert und war kurz darauf vom WerteUnion-Bundesvorstand von seinen Aufgaben entbunden worden. Gegenüber dem Magazin Tichys Einblick, hatte er kürzlich erklärt, dass er diesen Beschluss nicht für „rechtlich bindend“ halte und sich daher weiterhin als Pressesprecher betrachte.

Ex-Verfassungsschutzchef und WerteUnion-Mitglied Hans-Georg Maaßen ließ unterdessen verlauten, nicht für ein Vorstandsamt in der WerteUnion zur Verfügung zu stehen, da er sich auf seine Kandidatur für den Bundestag konzentrieren wolle.


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