Wie Gastronomie und Kulturbetriebe zum 2G-Buhmann gemacht werden

Die beginnende strukturelle Ausgrenzung Nicht-Geimpfter aus dem gesellschaftlichen Leben ist selbst für die Politikverhältnisse, die wir inzwischen von den etablierten Parteien gewohnt sind, ein drastischer Fall von Politikversagen. Die Regierung instrumentalisiert Gastronomie und Kulturbetrieb zum Zwecke einer Spaltung der Gesellschaft, um damit für die Impfung zu mobilisieren. Das ist in höchstem Maße verantwortungslos.

Sortieren wir aber zunächst die Situation: Zunächst muss festgehalten werden, dass 2G sowohl medizinisch als auch verfassungsrechtlich hochumstritten ist. Medizinisch lässt sich dies an der Kritik ablesen, die beispielsweise der renommierte Virologe Alexander Kekulé vorgebracht hat, indem er darlegte, dass das 2G-Modell Ungeimpfte durch steigende Inzidenzen einem höheren Infektionsrisiko aussetzt. Wenn Geimpfte und Genesene, die auch als Überträger fungieren können, unter 2G-Bedingung leichtfertiger zusammenkommen und damit vermehrt das Virus aufnehmen und abgeben (denn das verhindern weder Impfung noch Genesung verlässlich), streuen sie es außerhalb der 2G-Umgebungen unbemerkt stärker an die Ungeimpften. In Folge erhalten wir steigende Corona-Zahlen (darunter auch bei Kindern und Jugendlichen). Kekulé sprach von einer Situation, in der Geimpfte und Genesene wie ein „Tarnkappenbomber“ auf das Infektionsgeschehen wirken. Dadurch wird die Corona-Situation nicht kontrollierbarer, sondern sogar unberechenbarer. Das Argument, eine Pandemie der Nicht-Geimpften könnte die Krankenhäuser überlasten, ist vor diesem Hintergrund zu betrachten. Wenn man von einer solchen Überlastungsgefahr überhaupt noch ausgeht (bei einer Impfquote von immerhin über 85 Prozent im Altersband der über 60-Jährigen und einer hohen Impfquote auch anderer älterer Jahrgänge), dann wäre eine hohe Streuung innerhalb einer 2G-Umgebung ein größeres Problem als eine moderate Streuung unter 3G-Verhältnissen.

Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von 2G haben wir das zweite Problem: Aufgrund des eben erwähnten extrem fraglichen Nutzens für die Pandemiebekämpfung fehlt auch juristisch eine belastbare Rechtfertigung für eine derartig schwerwiegende Diskriminierung. Man kann hierzu die Bundesjustizministerin, Christine Lambrecht, und viele andere zitieren. Immer wieder heißt es: „Jeder Eingriff in Freiheitsrechte muss gut begründet und verhältnismäßig sein“. So äußerte Lambrecht sogar direkt, dass ein staatlich verordnetes 2G verfassungswidrig sei. Damit wäre die Sache eigentlich geklärt. Eigentlich.

Stattdessen kommt ein perfider Schachzug der Bundes- und Landesregierungen, den auch Lambrecht nicht kritisch sieht: Man verordnen 2G nicht, man ermöglicht es nur (durch eine Verordnung). Damit geht eine offenkundige Erwartung an diejenigen einhergeht, die es nun umsetzten dürfen. Statt selbst für die fragwürdige Entscheidung geradezustehen, wird der Buhmann an die Kulturszene und Gastronomie abgetreten. Diese werden in eine unmoralische Zwickmühle gedrängt. Einerseits behauptet man ihnen gegenüber, 2G sei gewissermaßen nötig und animiert sie dazu, es anzuwenden. Andererseits müssen sie dadurch Menschen diskriminieren und ausgrenzen, wodurch sie Unverständnis und Wut der Ungeimpften ernten. Wenden Kultur- und Gastronomiebetriebe 2G nicht an, haben sie ein anderes Problem. Zwar gewinnen sie für diese Nichtdiskriminierung auf der einen Seite Respekt von vielen Menschen, auf der anderen Seite aber laufen sie Gefahr, als Anbieter zu gelten, die die vermeintlich „höhere Weisheit“ der Regierung leugnen und nicht alles für den Coronaschutz täten.

Es ist perfide von der Landes- als auch von der Bundesregierung, Kulturbetrieb und Gastronomie in eine solche Situation zu bringen und sich selbst aus der verfassungsrechtlichen Verantwortung des eigenen, diskriminierenden Verhaltens zu stehlen. Das alles wohlgemerkt nur, um den Impfdruck auf Menschen zu erhöhen, die größtenteils nicht einmal mehr den zentralen Risikogruppen angehören. Mit einer solchen Abwälzung der Diskriminierung spaltet die Regierung ein weiteres Mal das Land, das ohnehin schon so unglaublich stark gespalten worden ist.

Ich hoffe, dass sich der Großteil des Kulturbetriebs und der Gastronomie weiter an 3G orientiert und der scheinheiligen Diskriminierungsaufforderung unserer Regierenden nicht folgt. Das wird allerdings dadurch erschwert, dass zusätzlich ein weiterer indirekter Druck auf Kultur und Gastronomie ausgeübt wird. Wer 2G anwendet, braucht weder Masken noch Abstandsregeln. Auch wenn bei 3G Nichtgeimpfte Zutritt erhalten, können so mit der 2G-Regelung größere Besucherzahlen und Umsätze realisiert werden. Wer sich gegen eine Diskriminierung und 3G entscheidet, wird also wirtschaftlich gegenüber dem 2G-Modell benachteiligt. Auch das ist perfide.

Ein Gastbeitrag von Dana Guth. Sie ist Abgeordnete des Niedersächsischen Landtags für die LKR.


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